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“Ich mach dann mal Franchise!” – Warum es so einfach leider nicht ist

Am Anfang jedes Franchisesystems steht eine Idee. Bei näherer Betrachtung zeigt sich ein vielfältiges Szenario möglicher Startbedingungen. Die Ausgangssituationen für Aufbau und Marktetablierung eines Systems sind fast so vielfältig wie die rund 1.000 aktiven Franchisekonzepte in Deutschland.

Am Anfang jedes Franchisesystems steht eine Idee. Auf den ersten Blick eine simple Erkenntnis – bei näherer Betrachtung zeigt sich aber ein vielfältiges Szenario möglicher Startbedingungen für Franchisesysteme. Die Ausgangssituationen für den Aufbau und die Marktetablierung eines Systems sind fast so vielfältig wie die rund 1.000 Franchisekonzepte, die in Deutschland aktiv sind. Manche sind seit Jahrzehnten sehr erfolgreich, andere fristen ebenso beständig ein eher kümmerliches Dasein.

Eine große Gemeinsamkeit haben aber alle: die vielfältigen Aufgaben zur Entwicklung eines Franchisesystems, die Expansion und das Systemmanagement ziehen arbeitsmäßig erhebliche Belastungen und damit entsprechende Kosten nach sich.

Die Voraussetzungen für den Aufbau eines Franchisesystems

Unabhängig vom jeweiligen Geschäftsfeld gibt es ein paar grundsätzliche Voraussetzungen, die erfüllt sein müssen, um sich als Franchisesystem erfolgreich zu entwickeln. Das Marktpotential muss bekannt und zukunftssicher sein, idealerweise in einem Wachstumsmarkt. Kurzfristige Trends können niemals die wirtschaftliche Grundlage für ein Franchisesystem sein. Vor einigen Jahren wurde der Verkauf von Bubble-Tea als Franchisekonzept angeboten, ein besonders markantes Beispiel für fehlende wirtschaftliche Weitsicht.

Vor der Entscheidung für eine Expansion als Franchisesystem müssen gesetzliche und berufsrechtliche Bedingungen geprüft werden, die Einfluss auf das Profil der künftigen Franchisepartner und damit auf die Chancen der Expansion haben. Wenn bei Handwerksleistungen ein Meisterbrief erforderlich ist oder bei Konzepten im Gesundheitswesen das ärztliche Berufsrecht und die Einschränkungen bei der Werbung für Dienstleistungen im Gesundheitswesen eine Rolle spielen, muss das beim Aufbau eines Franchisesystems von Beginn an beachtet werden. Der Status welche gewerblichen Schutzrechte wie Patente, Marken oder Gebrauchsmuster vorhanden sind oder gesichert werden sollten, ist ebenfalls frühzeitig zu klären.

Aus der für Franchisesysteme typischen Arbeitsteilung zwischen dem Franchisegeber und seinen Franchisepartnern müssen sich dauerhaft Vorteile ergeben. Für die Kundenzielgruppe muss das Konzept gegenüber den Mitbewerbern leistungsfähiger sein und zusätzlichen Nutzen bieten. 

Zudem begebe ich mich als Franchisegeber auf den „Markt der Existenzen“. Das bedeutet, für einen Franchisenehmer muss die unternehmerische Perspektive nachweisbar attraktiver sein als eine vergleichbare Individualgründung. Andernfalls macht es wenig Sinn, sich einem Franchisesystem als Partner anzuschließen. Da sollten die Konditionen und die Entwicklung bereits bestehender Franchisesysteme als Mitbewerber auf diesem Markt der Existenzen aufmerksam betrachtet werden. Sich selbst als einzigartig zu bezeichnen bringt nicht viel, wenn vergleichbare Franchisesysteme objektiv gesehen besser sind. Andernfalls könnte die systematische Expansion erheblich erschwert werden und das Ziel einer nachhaltigen Marktetablierung rückt in weite Ferne.

Elementare Voraussetzung für Franchisesysteme ist das unter realen Bedingungen erprobte und identifizierbare Knowhow. Üblicherweise läuft die Erprobung in eigenen Pilotbetrieben mit unterschiedlichen Standortprofilen. Das sollte über einen Zeitraum von mindestens einem Kalenderjahr erfolgen, damit die wirtschaftliche Entwicklung nicht durch etwaige saisonale Einflüsse beeinflusst wird. Wer bereits als Filialist erfolgreich ist, kann natürlich auf die Erkenntnisse über Ertrags- und Kostenstrukturen, zum Verhaltensmuster seiner Kunden und auf vorhandene Lieferantenbeziehungen zurückgreifen und für die Entwicklung des Franchisesystems nutzen.

Das alles funktioniert nur, wenn der Franchisegeber von Beginn an über eine professionelle Organisation verfügt und eine solide Kapitalbasis hat, die nicht gleich bei der ersten finanziellen Überraschung zerbröselt.

Wer Franchisegeber werden will und keinen Überblick über seine wirtschaftliche Situation hat, begibt sich auf eine unternehmerische Geisterfahrt – und wer eine unterentwickelte Idee unter dem Begriff Franchise vermarktet, um seine maroden Finanzen zu sanieren, ist ein Betrüger.

Leider versuchen immer wieder Anbieter, nur auf dem Papier existierende Franchisekonzepte mit äußerst fragwürdigen Strategien zu vermarkten. Die Überlegung dahinter lautet: Wenn wir von den ersten fünf oder zehn Franchisenehmern Einstiegsgebühren kassiert haben, ist vielleicht auch Geld für die Systementwicklung vorhanden. Unabhängig von dieser Denkweise – das sind die denkbar schlechtesten Voraussetzungen für den Aufbau eines Franchisesystems.

Natürlich sind Höhe und Struktur der Franchisegebühren in mehrfacher Hinsicht von Bedeutung für den Franchisegeber, denn die wirtschaftliche Entwicklung wird wesentlich durch die Erträge aus den Gebühren geprägt. Daher ist das Thema Gebühren bereits in einer sehr frühen Phase der Entscheidungsfindung, Franchisegeber werden zu wollen, zu beachten. Der Zusammenhang von Gebühren und Leistungen des Franchisegebers sollte auch möglichst transparent sein, denn die dauerhafte Gebührenakzeptanz bei den Franchisepartnern darf nicht aus den Augen verloren werden.

Das kostet Sie der Aufbau eines Franchisesystems

Wenn ich einen Immobilienmakler frage: „Was kostet ein Haus?“, kann er mir keine konkrete Antwort geben, wenn meine Vorstellungen zu Lage, Größe und Ausstattung der Immobilie völlig unklar sind. Ebenso sind pauschale Aussagen was der gesamte Aufbau eines Franchisesystems kostet schlicht und ergreifend nicht möglich – egal welcher Experte sich dazu äußert. Eine seriöse Antwort lässt sich nur finden, wenn die Ausgangssituation und die mit dem Franchisesystem verbundenen Unternehmensziele individuell und detailliert analysiert werden.

Sicher ist nur, dass der Aufbau, das Erproben und die Markteinführung eines Franchisesystems gänzlich ohne Investitionen nicht funktionieren. In der Aufbau- und Anlaufphase des Franchisesystems sollte immer eine finanzielle Unterdeckung eingeplant werden. Die Anlaufphase dauert zudem oft länger als geplant, die Finanzierung muss von Beginn an auf einem soliden Fundament stehen. Neben der klassischen Finanzierung über die Hausbank können auch bei einem Systemaufbau öffentliche Förderprogramme, Zuschüsse und Bürgschaften genutzt werden. Auch Beteiligungen institutioneller oder privater Investoren können den Weg für die Systementwicklung ebnen und das Franchisesystem in kalkulierbarer Zeit entstehen lassen.

Art und Höhe sämtlicher Vorlaufkosten und Investitionen werden dagegen stark von der Ausgangslage des Unternehmens beeinflusst. Es besteht ein ganz entscheidender Unterschied darin, ob das Unternehmen als Newcomer des betreffenden Geschäftsfeldes zu betrachten ist, oder ob es sich um ein etabliertes Unternehmen handelt, das künftig Franchisegeber sein will.

Ein Newcomer hat mit Sicherheit höhere Vorlauf- bzw. Projektentwicklungskosten. Angefangen bei den Kosten für Marktstudien über die Suche und Auswahl von Lieferanten bis zur praktischen Durchführung der erforderlichen Pilotphase. Gerade die Pilotphase stellt in der Regel den mit Abstand größten und mit diversen Risiken behafteten Kostenblock dar.

Ein etabliertes Unternehmen hat dagegen entsprechende Marktkenntnisse und eine leistungsfähige Infrastruktur. Die Pilotphase ist deutlich weniger kostenintensiv oder ganz entbehrlich. Im Idealfall können sogar bestehende Filialbetriebe in Franchisebetriebe gewandelt werden.

Einflussfaktoren zu den Entwicklungskosten ergeben sich aus den Möglichkeiten, Eigenleistungen beim Systemaufbau durch personelle Ressourcen und eigenes Spezialwissen erbringen zu können oder der Notwendigkeit externe Leistungen einkaufen zu müssen. Daraus ergibt sich das Verhältnis zwischen Eigen- und Fremdleistungen beim Systemaufbau. In der Praxis zeigen sich erfahrungsgemäß verschiedene Aufgabenkategorien:

1. Eine Aufgabe ist bereits als erledigt vorhanden und als Know-how ohne weitere Bearbeitung sofort nutzbar. Beispiele hierfür sind erprobte Organisationsprozesse, eine wettbewerbsfähige Produktpalette, wirksame Werbekampagnen, Kalkulationshilfen usw. Alles Leistungsbausteine des künftigen Franchisekonzepts, die nur zusammengefügt werden müssen und als fragmentiertes Knowhow bezeichnet werden.

2. Andere Aufgaben können durch externe Beratung und Begleitung in enger Zusammenarbeit mit internen Mitarbeitern zielorientiert und professionell erledigt werden. Die Erarbeitung sämtlicher Akquiseunterlagen für Franchisepartner, die Erstellung des digitalen Franchisehandbuchs oder der Aufbau eines systemspezifischen Systemcontrollings gehören in diese Kategorie.

3. Die dritte Kategorie betrifft franchisespezifische Aufgaben, die bisher für das Unternehmen kein Thema waren. Hier ist es wirtschaftlich der beste Weg, die Aufgabenstellung komplett durch externe Beratung erledigen zu lassen. Die Entwicklung des Franchisevertrages durch einen darauf spezialisierten Juristen, die Organisation der Franchisenehmerakquise, die Erstellung von Businessplänen für die Franchisenehmer unter Berücksichtigung möglicher Fördermittel oder die Suche und Einarbeitung des künftigen Systemmanagements sind typische Arbeiten in dieser Kategorie.

Die Erledigung des gesamten Aufgabenspektrums kostet natürlich Geld, gewährleistet aber auch von Beginn an ein professionell entwickeltes Franchisesystem mit klaren Qualitätsstandards anzubieten und sich dieses Leistungspaket mit entsprechenden Gebühren bezahlen zu lassen.

Ein großes Unternehmen kann aus den eigenen Reihen eine Projektgruppe bilden und umfangreiche Leistungen zur Systementwicklung selbst erbringen. Dadurch kann an externen Dienstleistungen gespart werden und der Systemaufbau ist in überschaubarer Zeit zu bewältigen. In manchen Fällen kann zur Bewältigung der vielfältigen Aufgaben auch ergänzend ein Joint Venture in Betracht kommen. 

Ein kleines Unternehmen dagegen hat diese Möglichkeiten meistens nicht und steht vor der Entscheidung: Langsamer Systemaufbau mit wenig personellem und finanziellem Einsatz oder beschleunigte Systemetablierung mit deutlich höherem finanziellem Aufwand durch den Zukauf von externen Leistungen.

Ein paar wesentliche Kosten im Detail

1. Personalkosten für die Systemzentrale. Wird bereits vorhandenes Personal eingebunden, wird der Aufwand nur durch interne Kostenumlagen ermittelt. Müssen die Arbeitsplätze neu geschaffen werden, sind die Kosten liquiditätswirksam. Die Systemzentrale ist das Herz eines Franchisesystems, sie ist das Co-Management für den Franchisenehmer, das Marktforschungsinstitut, die Werbeagentur und die Ideenschmiede. Hier darf die Professionalität nicht am Geld scheitern. Dazu kommt die Vertragsgestaltung, die rechtliche Beratung zu gewerblichen Schutzrechten und eventuell die Gründung einer Tochterfirma als Rechtskörper für die Franchiseaktivitäten. Hierbei handelt es sich typischerweise um externe Beratungskosten und Gebühren der betreffenden Behörden.

2. Dokumentation des Know-how und Erstellen des digitalen Systemhandbuches. Ein Punkt, der vom Arbeitsaufwand sehr schwierig zu kalkulieren ist und regelmäßig zu Überraschungen führt. Einerseits liegt das an der unterschiedlichen Komplexität von Franchisesystemen. Bei einem Konzept für schlüsselfertiges Bauen mit Musterstatiken, Ausführungsplänen, haftungsrelevanten Dokumenten und rechnergestützter Arbeitsorganisation ist deutlich mehr Arbeitsaufwand einzuplanen als bei der Knowhow-Dokumentation für einen Jeansladen. Andererseits kann die Frage, wie detailliert Systemhandbücher sein müssen, bis heute niemand mit messbaren Fakten beantworten.

3. Bei der Organisation der Marktbeobachtung, Entwicklung der Kommunikationsstrukturen zur Systemführung, Vorbereiten des Systemcontrolling und Anpassen der IT-Struktur kommt es darauf an, was beim künftigen Franchisegeber schon vorhanden ist. Sind die personellen und organisatorischen Bedingungen schon vorhanden, bleibt der finanzielle Aufwand überschaubar. Müssen die Voraussetzungen dagegen vom Punkt Null aufgebaut werden, entstehen erhebliche Kosten unterschiedlicher Art.

4. Die kompletten Kosten für den Betrieb eines, oder mehrerer Referenzobjekte über den Zeitraum von mindestens einem Jahr. Wer mit seiner Idee neu auf den Markt kommt, muss hier schnell mit einem hohen sechsstelligen Betrag kalkulieren, der solide finanziert werden muss. Berücksichtigt werden müssen bei der Vorfinanzierung für Standortsicherungen unter anderem Maklerprovisionen, Mietkautionen und Umbaumaßnahmen. Bei Filialisten, die sich zum Franchisesystem wandeln und bestehende Standorte nach und nach auf geeignete Partner übertragen, spielt diese Frage dagegen keine große Rolle.

5. Sämtliche Kosten zur Franchisenehmerakquise wie Infomaterialien, Messepräsenz und Reisekosten. Obwohl diese Aktivitäten genau genommen erst nach Abschluss der Erprobungsphase beginnen, fällt der finanzielle Aufwand dafür deutlich früher an, um beim Beginn der eigentlichen Vermarktung des Franchisesystems keine Zeit zu verlieren.

Fazit

Franchise ist und bleibt eine intelligente Art der Zusammenarbeit und die konsequenteste Form der Kooperation. Professionell gemacht entsteht Nutzen für den Franchisegeber, jeden einzelnen Franchisenehmer und natürlich für die Kunden.

Ein Franchisesystem aufzubauen ist eine unternehmerisch anspruchsvolle Aufgabe. Geprägt durch viele individuelle Details, aber auch durch viele allgemein gültige Aufgabenstellungen. Wer aber als Unternehmer meint „Ich mach dann mal Franchise“, für den gilt ganz schnell der Buchtitel von Hape Kerkeling „Ich bin dann mal weg“ – nämlich aus dem Wirtschaftsleben.

Expertenstimme Reinhard Wingral

Reinhard Wingral
Reinhard Wingral
Global Franchise AG

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