Ratgeber & Podcast

für Franchisezentralen

Grenzüberschreitende Franchise-Expansion

Veronika Bellone: Schönen
guten Morgen, liebe Chat-Teilnehmerinnen und Teilnehmer. Ich begrüße Sie zum
Live-Chat, der diesmal – passend zum Auftakt der Olympischen Spiele – die
Internationalisierung von Franchise-Systemen thematisiert. Ich freue mich auf
Ihre Fragen, selbstverständlich auch gerne zu anderen Themen rund um’s
Franchising. Ihre Veronika Bellone

Leser: Liebe Frau Prof. Bellone: Welches sind
aus Ihrer Erfahrung heraus die wichtigsten Schritte bei der
Internationalisierung eines Franchise-Netzwerkes?

Veronika Bellone: Der wichtigste
Schritt ist zunächst der, dass Franchise-Gebende überprüfen, ob sich das Konzept
genügend auf dem Heimmarkt bewährt hat, bevor man ins Ausland expandiert. Denn
bei der Internationalisierung wird auch die Erfahrung weitergegeben, die man als
Franchise-Geber/in beim Aufbau des Systems getätigt hat. Zumindest wenn man per
Masterpartnerschaft wachsen möchte.

Leser: Einen sonnigen guten Morgen, Frau
Professor Bellone. Welche vorbereitenden Arbeiten sollten vor dem Schritt über
die Grenzen in der Systemzentrale weitgehend abgeschlossen sein?

Veronika Bellone: Einen sonnigen
guten Morgen zurück aus unserem Greenfranchise Lab in Berlin. Das Konzept muss
sich wie eben erwähnt bewährt haben und die Erkenntnisse daraus und
Ablaufprozesse, wie man einen Markt aufbereiten kann, müssen in einem Manual
dokumentiert werden. Je mehr man über das eigene Franchise-System, die
Erfolgsfaktoren in Zusammenarbeit mit den Franchise-Nehmenden weiß und darlegen
kann, desto eher können auch Bewertungen vorgenommen werden für eine Gebühr. Um
zum Beispiel eine Landeslizenz zu vergeben sollte man als Franchise-Gebender
wissen, wie viele Partner/innen es ungefähr bräuchte, um eine tragfähige,
nachhaltige Organisation aufzubauen.

Leser: Hallo Frau Prof. Bellone: Wo sehen Sie
die wichtigsten Vorteile des Franchising bei der Internationalisierung von
Unternehmen?

Veronika Bellone: Franchising
birgt den großen Vorteil des standardisierten Wachstums und bietet gerade
dadurch den Raum für Entfaltung und Anpassung. Die bedeutenden Erfolgsfaktoren
werden herausgearbeitet – also das, was das System, die Kultur besonders macht –
die Vermarktung und Ansprache sowie Anpassungen im Leistungsangebot, je nach
kulturellem Rahmen, kann man individualisieren. Franchising bietet dadurch eine
schnellere Expansion, weil sie in alle Einzelheiten vorgedacht werden muss.

Leser: Wann ist für ein Franchisesystem Ihrer
Meinung nach der optimale Zeitpunkt gekommen, um Auslandsmärkte in Angriff zu
nehmen? Wann hat es sich ausreichend im Ursprungsland bewährt? Wie stark sollte
das Standbein im Ursprungsland sein?

Veronika Bellone: Der “richtige”
Zeitpunkt hängt sicher mit der Anzahl der bestehenden Standorte zusammen (es
sollte auf alle Fälle Erfahrung mit Franchise-Partnern und -Partnerinnen
bestehen – nicht nur Piloterfahrung). Der Zeitpunkt hängt aber auch von der
Vorbereitung und “Sicherheit” des System-Gebenden ab. Ich erlebe es häufig, dass
Franchise-Geber/innen den Sirenengesängen aus dem Ausland lauschen und gerne
schon in einem sehr frühen Stadium ihrer Franchise-Tätigkeit
internationalisieren wollen. Oftmals ohne Kenntnisse von Land und Leuten zu
haben. Ich halte das für sehr riskant aus verschiedenen Gründen. Zum einen kann
man – sofern man die Gepflogenheiten dort nicht kennt – auch nicht mitreden und
verkauft sich unter Wert. Zum anderen ist es die Aufteilung, dem Aufbau auf dem
Heimmarkt und im Ausland gerecht zu werden. Ich halte eine gute Vorbereitung für
zwingend notwendig, was die eigenen Konzeptdaten und -inhalte anbelangt und
genauso die Kenntnis um kulturelle Unterschiede, Akzeptanz des eigenen Angebotes
in den avisierten Märkten sowie um die politische und rechtliche Situation und
vieles mehr.

Leser: Liebe Frau Prof. Bellone, wie viel
Freiraum sollte aus Ihrer Sicht den Masterfranchisenehmern auf Landesebene bei
der Adaption eines auf dem Heimmarkt etablierten Konzeptes gegeben werden.
Existieren hier allgemeine Erfahrungswerte?

Veronika Bellone: Das lässt sich
nicht generell sagen. Es ist wichtig zu erfahren, welchen (Stellen-)Wert Ihre
Marke bzw. Ihr System in dem jeweiligen Land hat. Wenn zum Beispiel eine
Luxusmarke im Textilbereich expandiert, dann ist das Vorgehen meist sehr
standardisiert, weil man weiß, dass die Konsumierenden diese “Marken-Aura”
brauchen. Also genau diese 1:1-Welt erleben wollen. Das kann auch im
Gastronomie-Bereich sein. Anpassungen können manchmal kontraproduktiv sein, wenn
zum Beispiel ein Amerikanisches Original genossen werden möchte. Was macht Ihr
Angebot aus? Welche Werte haben Sie herausgearbeitet? Was ist wichtig, das
wirklich 1:1 übertragen werden muss, damit man Ihr Leistungsangebot
wiedererkennt? Ist es aber in der Form überhaupt erlaubt und akzeptiert in dem
Land, das Sie anstreben?

Leser: Welches Vorgehen empfehlen Sie, Frau
Prof. Bellone, bei der Ausarbeitung einer professionellen
Internationalisierungsstrategie?

Veronika Bellone: Zuerst müssen
Sie den Status Quo Ihres Systems bestimmen mittels einer SWOT-Analyse
(Stärken/Schwächen; Chancen/Risiken). Dann stellen Sie einen Kriterienplan
zusammen, nach dem Sie die Länder für die Auslandsexpansion analysieren und
priorisieren können. Daraus können Sie auch ersehen, welche Form für die
Internationalisierung geeignet scheint: Direktfranchising mit regionalen
Franchise-Partnern und Partnerinnen; diesen Weg wählt man häufig im (kulturell
und sprachlich) nahen Ausland. Oder Masterpartnerschaften mit Landes-Partnern
(oder Partner/innen für größere Regionen/Bundesländer), die ein
Franchise-Netzwerk nach Ihrem Vorbild aufbauen. Das bedeutet aber u.a., dass Ihr
System einen zweistufigen Absatzkanal zulassen muss. Sie können auch per Area
Development Partner/in wachsen – also einem Partner/einer Partnerin für die
Aufbereitung des Marktes und Akquisition von Franchise-Nehmenden. Je nachdem,
für welchen Weg Sie sich entscheiden (oder natürlich auch Gründung einer
Tochtergesellschaft) beschreiben Sie das Anforderungsprofil, das
Akquisitionsprozedere und die Kooperationsinhalte samt Manual.

Leser: Welche sozio-kulturellen Faktoren sind
bei der internationalen Aufstellung einer Franchise-Unternehmung zu
berücksichtigen?

Veronika Bellone: Es ist ganz
wichtig festzustellen, wo es kulturelle Gemeinsamkeiten und Unterschiede gibt.
Dafür sind natürlich Kriterien wie Sprache, Religion, Bildungssystem,
Mann-Frau-Beziehung, Jugendkultur, Medienwelt etc. bedeutend.

Leser: Welche Faktoren sollte man vor dem
Start in einem neuen Land durch Marktforschung abklären lassen?

Veronika Bellone: Marktpotenzialmessungen und allenfalls eine Konkurrenzanalyse. Aufgrund
Ihrer Daten im Heimmarkt sollten Sie überprüfen lassen, ob genügend Potenzial
für Ihr Leistungsangebot gegeben ist. Je nach Partnerprofil kann sich ebenfalls
eine Potenzial-Abklärung anbieten, wenn zum Beispiel spezielle, fachliche
Voraussetzungen eine Bedingung sind. Eine Konkurrenzanalyse – so Sie diese nicht
selbst vornehmen – ist in jedem Fall sinnig.

Leser: Ich habe gelesen, dass es für die
Internationalisierung ein eigenständiges Master-Handbuch geben sollte. Was ist
in diesem speziellen Handbuch an zusätzlichen Informationen zu finden?

Veronika Bellone: Ja, ein
praktikables Manual, das beschreibt, wie der Master-Partner oder die -Partnerin
die Organisation aufbauen soll, dazu gehört unter anderem der Aufbau einer
Systemzentrale mit Verantwortungsbereichen und Funktionen, die die
Franchise-Organisation innehat, die Vernetzung als Franchise-Geber/in im Land
zum Beispiel Mitgliedschaft im Franchise-Verband. Die strategische Beschreibung
ist enthalten mit dem Aufbau der Pilotbetriebe und die Kommunikation mit dem
Ursprungs-Franchise-Gebenden inklusive der Rechte und Pflichten dieser
Partnerschaft.

Leser: Wie ermittelt man die richtigen
Prioritäten bei den Zielländern? Welche Faktoren würden Sie bei der Beurteilung
einbeziehen?

Veronika Bellone: Gehen Sie
zuerst die Länder mit ähnlichen Rahmenbedingungen an schon aus
Kosteneffizienzgründen. Danach ermitteln Sie nach Aufwand pro Land und echtem
Bedarf auf dem avisierten Markt.

Leser: Mit welchen Hürden ist bei der
Internationalisierung eines Franchisingsystems zu rechnen und wie kann man sie
umschiffen?

Veronika Bellone: Umschiffen kann
man sie mit genügender Marktkenntnis und der Kenntnis um das eigene System, um
die eigenen Ressourcen und Fähigkeiten. Hürden sind politisch, rechtliche – dazu
zählen auch Einfuhrbestimmungen etc. Aber ganz besonders gibt es die Hürde, sich
nicht genügend mit der Kultur auseinandergesetzt zu haben

Leser: Welche Fragen sollte ein etwaiger
Master-Franchisenehmer prüfen, bevor er sich für einen Lizenzerwerb
entscheidet?

Veronika Bellone: Wie der Erfolg
im Heimmarkt ist. Wie das Klima im System ist – also auch die Fluktuation von
Franchise-Nehmenden? Wie viele Partner/innen aufgehört haben und warum? Sie
sollte ganz gezielt fragen, warum eine Masterpartnerschaft angestrebt wird, was
damit gemeinsam erreicht werden soll. Und das über die quantitativen Eckdaten
hinaus. Fragen Sie, wo sich der System-Geber oder die System-Geberin in fünf
Jahren sieht. Natürlich sind die Details zum Geschäftskonzept wichtig, aber
diese werden Sie bei der Sondierung wahrscheinlich schon geprüft haben. Klären
Sie die mittel- und langfristige Planung ab und Ihren Stellenwert dabei.

Leser: Welche Erfahrungen, Kenntnisse,
Fähigkeiten und finanzielle Ausstattung sollte ein Master mitbringen, wenn er
ein ganzes Land übernimmt? Oder sollte der Franchisegeber besser nur Regionen
vergeben?

Veronika Bellone: Das hängt von
Ihrer Zielrichtung und Ihrem Leistungsangebot ab. Wenn Sie zu Beispiel für eine
Industrie-Franchise einen Master suchen, dann handelt es sich in der Regel um
ein B2B-Geschäft, der Master hat also schon eine bestehende Organisation oder
einen Produktionsbetrieb. Für die Übernahme wird vielleicht nur teilweise eine
neue Infrastruktur benötigt. Die zusätzliche Mastergebühr richtet sich nach den
Absatzmöglichkeiten im Land und der Anzahl Partner. Je nach Dimension des
Geschäftskonzeptes müssen die Investition für die Realisation des Konzeptes
inklusive Pilotbetrieb(en) kalkuliert werden plus eine Gebühr für das Know-how,
das Sie übertragen. Ob Sie die Vergabe von Regionen oder des ganzen Landes
planen, hängt wesentlich vom Potenzial im Markt ab – rechnet es sich für mehrere
Master – von kulturellen Unterschieden und vom Anforderungsprofil des
Masters.

Leser: Branding: Dass ein deutschsprachiger,
beschreibender Markenname auch im Ausland zum Erfolg führen kann belegen mehrere
Beispiele. Würden Sie trotzdem empfehlen, für die Internationalisierung eine
sprachliche Anpassung ins englische vorzunehmen, wenn die deutsche Marke im
Ausland noch unbekannt ist?

Veronika Bellone: Das kann man
nicht vom Gefühl her beantworten. Man muss einen Namenstest durchführen über die
Akzeptanz und Verständlichkeit sowie mögliche imageschädigende Komponenten.
Letztendlich eine SWOT-Analyse für die Namensgebung im Ausland. Manchmal kann
der Name auch zur “Exotik” des Angebotes beitragen.

Leser: Erlauben Sie mir, dass ich meine Fragen
zum Kauf einer Master-Lizenz hier kurz zusammenfasse? Muss der
Master-Franchisenehmer den Markttest durchführen? Über welchen Zeitraum und mit
wie vielen Pilotbetrieben? Wer kommt für die Anpassungen auf? Was passiert, wenn
der Markttest negativ ausfällt und selbst Anpassungen nicht erfolgversprechend
sind? Wer nimmt die Bewertung vor und welche Konsequenzen kommen in Betracht?
Für welchen Zeitraum wird ein Master-Vertrag zwischen Franchisegeber und
Master-Franchisenehmer geschlossen und wie wird der Master-Franchisenehmer bei
Vertragsablauf entschädigt? Wer trägt die Kosten für die Übersetzung und
Anpassung von Handbuch, Schulungsunterlagen, Werbematerial etc.? Wie wird die
Lebensfähigkeit des Netzwerkes im Todesfall des Master-Franchisenehmers
gesichert? Welche Ansprüche haben seine Erben?

Veronika Bellone: Na, das ist ja
eine sportliche Auflistung von Fragen. Nicht alle lassen sich generell und in
diesem Rahmen beantworten. Es kommt wesentlich darauf, ob es sich um eine
etablierte, bekannte Franchise-Marke handelt oder um ein noch unbekanntes
System, weil sich das je nachdem auch in der vertraglichen Abmachung
niederschlägt. Zum Beispiel, ob man ein Master-Joint-Venture macht, wo sich
beide Parteien gemeinschaftlich auf finanzielle und aufgabenbezogene Inhalte
einigen. Vertragsdauer und nachvertragliche Lösungen hängen von der Dimension
und dem Inhalt des Konzeptes ab und der daraus folgenden Amortisationszeit des
finanziellen Aufwandes auf Seiten des Masters. Ich empfehle Ihnen eine gezielte
Beratung, weil es nicht “den” Mastervertrag gibt.

Leser: Erlauben Sie mir eine sehr spezifische
Frage zur Logistik: Unser im Heimmarkt etabliertes Konzept lässt
systemspezifische Ausstattung in Fernost herstellen und beliefert die regionalen
Fr.-Nehmer zentral aus Deutschland. Wir möchten den zukünftigen
Masterfranchisern nun nicht die direkte Bestellung der Ausstattung beim
Hersteller ermöglichen. Macht es dann Sinn, die Lieferung der Ausstattung auch
international über die deutsche Zentrale abzuwickeln wie bisher? Und welche
Alternativen gibt es?

Veronika Bellone: Entschuldigen
Sie, lieber Live-Chat-Teilnehmer, aber zur seriösen Beantwortung Ihrer doch sehr
detaillierten Frage empfehle ich auch Ihnen ein direktes
Beratungsgespräch.

Veronika Bellone: Liebe
Chat-Teilnehmerinnen und -Teilnehmer, ich danke Ihnen für die Fragen. Ich
wünsche Ihnen einen schönen restlichen Sommer. Herzlichst Ihre Veronika Bellone

Prof. Veronika Bellone
Prof. Veronika Bellone
Bellone FRANCHISE CONSULTING GmbH

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