Ratgeber & Podcast

für Franchisezentralen

Franchisesysteme effektiv führen

Franchisesysteme zu führen, erfordert spezielle Qualifikationen. Grundvoraussetzung ist schlichtweg die emotionale Identifikation mit und die Faszination für das repräsentierte System. Nicht umsonst besagt eine oft gebrauchte Parabel, dass die Qualität der Führungsmannschaft des Franchisegebers bis zu 75 % des Erfolges eines Systems ausmacht. Es sei denn, es ist ein schlechtes Team. Dann steigt dieser Anteil rasant und unaufhaltsam auf 100 %.

Hermann Riedl sagte 2015 zum Führungsverhalten in Franchisesystemen in einem Interview des Franchise-Portals” Portalbereich=”1″ Attributes=”target=_blank : „Die Art der Führung, das Reporting, die Ansprache und die Prozessstruktur – all das ist im Franchising grundlegend anders. Einerseits lassen sich freie Unternehmer nicht wie Mitarbeiter kommandieren. Andererseits blicken Franchisegeber gern von einer Art höheren Hierarchiestufe auf Franchisenehmer herab und führen die Kommunikation oft nicht mit dem nötigen Ernst. Franchisegeber sollten respektieren, was selten geschieht, dass Franchisenehmer als Selbständige Kreativität im Blut haben. Dabei ist es die Kunst eines guten Franchisegebers, sie auf partnerschaftliche Art führen zu können, ohne sie in die Fundamente des Unternehmens hineinreden zu lassen.“

In der Tat verfehlen aufgrund der rechtlichen Konstruktion von Franchisesystemen als vertraglich miteinander verbundene Einzelunternehmen viele in filialisierten Strukturen  erprobte und bewährte Führungsinstrumente hier ihre Wirkung. Ein schlichtes Durchregieren mittels Anordnungen, Anweisungen oder Richtlinien ist in der Franchisestruktur nicht möglich, und bewirkt oft genug genau das Gegenteil vom Gewollten. Franchisesysteme sind vom Anspruch her aber mehr als Unternehmervereine. Sie verkörpern die explizite Ambition auf gemeinschaftliches Handeln deutlich substanzieller als z.B. Werbegemeinschaften oder andere Marktverbände. Deshalb kommt kein Franchisesystem ohne funktionierende Führung durch den Franchisegeber aus.

Wo aber liegt der goldene, und damit erfolgswirksame Mittelweg zwischen proklamiertem und erforderlichem Führungsanspruch und Führungswillen des Franchisegebers und der ebenso notwendigen unternehmerischen Mitwirkungsrolle der Franchisenehmer? Wie so oft bei solch grundsätzlichen Fragen gibt es hier keine allgemeingültigen und allseits anwendbaren Antworten, Empfehlungen oder gar Patentrezepte. Es kommt deshalb immer auf den Einzelfall an. Aber dennoch lassen sich markante Aspekte herausarbeiten, die z.B. bei der Rekrutierung von Mitarbeitern in Franchisezentralen als Prüfsteine für spätere Erfolgsgeschichten dienen können.

Da ist zunächst einmal als Basis die wesentliche Voraussetzung gegebener fachlicher Qualifikation. Eine Selbstverständlichkeit werden viele sagen. Aber wie oft werden gerade in Franchisesystemen frei werdende Posten, oft sogar leitende Positionen, nicht nach diesem Prinzip vergeben. Da werden ehemalige Franchisenehmer zu Abteilungsleitern in der Systemzentrale. Mitarbeitern von Franchisenehmern, die sich dort positiv profiliert haben, bietet man Stellen beim Franchisegeber an.

Im Prinzip ist dagegen auch gar nichts einzuwenden. Spricht doch bei solchen Rekrutierungsprozeduren zugunsten des Kandidaten aus dem System, dass er oder sie die Funktionsprinzipien des Systems kennt und schätzt, selbst gelebt hat. Kritisch kann es aber immer dann werden, wenn die neue Aufgabe in der Leitungsebene des Systems in einem anderen Fachgebiet oder auf einer anderen Kompetenzebene liegt, wie die vorher ausgeübte Tätigkeit.

Ein noch so guter, vorbildlicher und engagierter Thekenmitarbeiter in der Systemgastronomie ist nicht unbedingt die Idealbesetzung für die Durchführung von Schulungsprogrammen des systemführenden Franchisegebers. Viele lokale oder regionale Verkaufskanonen tun sich oft schwer, den eingeschlagenen Karriereweg bei der Akquise und Umsetzung von Rahmenverträgen mit bundesweit tätigen Großkunden konsequent  fortzusetzen. Wer das Kostenmanagement in einem Einzelhandelsgeschäft eines Franchisenehmers fest und sicher im Griff hat, kann sich durchaus als ungeeignet erweisen, das Forderungsmanagement des Franchisegebers gegenüber seinen Franchisenehmern effektiv zu steuern.

Zwischenfazit: Bei internen Besetzungen ist ein starker Focus auf die fachliche Qualifikation zu legen. Es gilt zu prüfen, ob der Kandidat oder die Kandidatin die erwarteten und für die Ausübung des Jobs erforderlichen Funktionalitäten beherrscht. Ob er oder sie den oft handfest anderen, und in vielen Fällen anspruchsvolleren Anforderungen entsprechen kann, ist ebenfalls zu eruieren.

Fast diametral entgegengesetzt sieht es bei externen Bewerbern um eine Stelle beim Franchisegeber aus: Hier kann man durch die Stellenausschreibung die fachlichen Komponenten und Qualifikationsanforderungen nahezu exakt vorab filtern. Branchenkenntnisse, Kenntnisse der Struktur des Kerngeschäft (z.B. B-to-C oder B-to-B); Erfahrungen in der Art des Angebotes (Einzelhandel; Gastronomie; Dienstleistungen etc.) lassen sich als Grundvoraussetzungen für Bewerbungen klar beschreiben.

Im eigentlichen Bewerbungsverfahren geht es dann schwerpunktmäßig darum, zu testen, ob der/die mögliche neue (leitende) Mitarbeiter/in auch in die praktizierte Franchisekultur passt. Ob er/sie die erforderlichen Skills – insbesondere persönliche und fachliche Überzeugungskraft, sowie ausgeprägt hohe und qualitativ gut ausgeprägte Kommunikationsfähigkeit – besitzt, um seine/ihre Führungsrolle gegenüber den Franchisenehmern so auszufüllen, wie es notwendig ist und erwartet wird.

Reine, auch noch so starke Abwickler, Technokraten oder Macher werden es erfahrungsgemäß in Franchisesystemen schwer haben. Auch Leisetreter, Einzelgänger, Bürokraten oder kommunikationsschwache Spezialisten stoßen in Franchisesystemen schnell an ihre Grenzen. Denn Führung im Franchise lebt und stirbt mit regelmäßiger und kompetenter Information, von lebhafter und auch kontroverser Kommunikation, sowie von der fairen und für beide Seiten Nutzen stiftenden Abstimmung miteinander.

Wer als Führungskraft im Team eines Franchisegebers etwas bewegen, etwas bewirken will, muss zwangsläufig die „Kunst der Kooperation und des Kompromisses“ beherrschen. Wer als leitender Angestellter eines Franchisegebers bei seiner Arbeit vornehmlich auf die Wirkkraft von „herkömmlichem Hierachiedenken“ und „Kontrollmaßnahmen“ setzt, wird unweigerlich bei der Durchsetzung seiner Ideen scheitern. Die notwendige Kunst der Kooperation und des Kompromisses ist aber eine in aller Regel recht komplexe Angelegenheit.

Insbesondere leitende Mitarbeiter in einer Franchisezentrale müssen sich darüber im Klaren sein, dass sie auf der Partnerseite Franchisenehmern mit unterschiedlichsten Charakteren und Persönlichkeiten begegnen. Erfolg hat man da nur, wenn man eine ausgeprägte Neigung und zudem Freude daran hat, seinen Führungsanspruch gegenüber unterschiedlichsten Menschen, mit den unterschiedlichsten Führungstechniken durchzusetzen. Eindimensionalität im Führungsverhalten ist da nicht angezeigt. Personenbezogene Flexibilität, argumentative Überzeugungskraft – nicht Anweisung,  Anordnung oder Richtlinienkompetenz – sind dabei die gefragten Sekundärtugenden.  Idealerweise noch unterstützt und vorangetrieben durch eine charismatische Persönlichkeitsausprägung. 

Aus all dem folgt: Führung in Franchisesystemen ist niemals eine Monokultur. Flexibilität gepaart mit Kreativität; Charisma verwoben mit Fachkenntnis; persönliche Ansprache unterstützt von überzeugenden Konzepten; starker Wille bei gleichzeitiger Fähigkeit zum Eingehen auf Einwände; klare Zielsetzungen verknüpft mit Geduld in der Umsetzung: die Liste der Polpunkte, die das zu beherrschende Verhaltensrepertoire eines erfolgreichen Franchisemanagers beschreiben, ließe sich sicher noch um weitere Aspekte ergänzen. Sie zeigt aber schon in der dokumentierten Form auf: Führungsstil in Franchisesystemen ist zielgerichtete Mischkultur. Nicht Monokultur, aber auch nicht willkürliches Multi-Kulti.

Franchisemanager müssen auf vielen Führungsinstrumenten spielen können. Wichtig dabei ist aber, dass die Melodie stets unverkennbar die Gleiche bleibt und nicht dauernd wechselt. Polyvalenz im Führungsverhalten, also Führungsvielfalt statt Einseitigkeit, ist dabei der Schlüssel für Effektivität. Nur, wenn diese Mehrdimensionalität authentisch von der Geschäftsführung und den Abteilungsleitern eines Franchisegebers umgesetzt und gelebt wird, wird man die im Eingangsstatement genannte Quote von bis zu 75 % Erfolgsverantwortlichkeit erreichen.

28.01.16 © copyright Dr. Bernd Süllow

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Dr. Bernd Süllow
Dr. Bernd Süllow
Dozent an verschiedenen Fachhochschulen

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