Ratgeber & Podcast

für Franchisezentralen

Franchise-Eignung von Geschäftsideen

Hubertus Boehm: Guten Morgen,
liebe Teilnehmer, ich freue mich, dass Sie da sind, und auf Ihre Fragen.
Hubertus Boehm

Leser: Guten Morgen Herr Doktor Boehm: Wann
kann eine Geschäftsidee für das Franchising freigegeben werden?

Hubertus Boehm: Der Entschluss zur
Entwicklung einer Franchise-Systems ist eine Entscheidung von großer Tragweite.
Der Franchise-Geber investiert viel Zeit und Geld. Die Franchise-Nehmer
investieren in der Regel in das Geschäftskonzept einen wesentlichen Teil ihres
Vermögens und verschulden sich durch Kredite – gehen also ein hohes Risiko ein.
Daher sollte die Entscheidung in einem frühen Stadium so weit wie möglich
abgesichert werden. SYNCON hat hierfür ein “Werkzeug” entwickelt: die
“Franchise-Eignungs-Analyse”. Sie strukturiert das Gesamtthema in 100
Einzelfragen, die mit Skalen bewertet werden. Das so entstehende Profil lässt
die Schwachpunkte erkennen. Falls bei gravierenden Fragen Schwächen auftreten,
die nicht durch Zukauf fremder Ressourcen kompensierbar sind, ist dies ein
Signal für geringe Franchise-Eignung. Die wesentlichen Themenfelder sind:
Marktpotenzial, Wettbewerbskraft, Attraktivität des Geschäftskonzepts im
Partner-Markt, Übertragbarkeit der Erfolgsformel, Potenzial an
Franchise-Nehmern, Durchsetzungskraft, Bindungskraft, Know-how-Basis,
Organisatorische Basis und Kapitalbasis.

Leser: Hallo, wie finde ich eine geeignete
Franchise-Marke? Gibt es dafür Techniken oder Spezialisten?

Hubertus Boehm: Das Schutzrecht für
die Marke ist ein starkes Bindeglied, sobald die Marke mit positivem Inhalt im
Markt eingeführt ist und einen hohen Bekanntheitsgrad besitzt. Im
Franchise-Vertrag erhält der Franchise-Nehmer (FN) das Recht, die Marke während
der Vertragslaufzeit zu nutzen. Die Vergabe der Lizenz (Franchise) der
Markenrechte ist der “harte Kern” des Franchise-Vertrags. Hier gibt es klare
gesetzliche Regelungen, die einklagbar sind. Bei den Kooperationsvereinbarungen
des Vertrags ist dies in der Regel nicht der Fall. Daher braucht jeder
Franchise-Geber (FG) eine geschützte Marke. Grundsätzlich ist zu unterscheiden
zwischen Wortmarken und Wortbild-Marken. Der Name ist nur bei der Wortmarke
umfassend geschützt. Die Wortbild-Marke gewährt nur einen Schutz für die Grafik
des Logos. Als Wortmarke wird nur ein Kunstwort eingetragen – kein Begriff aus
der Umgangssprache. Hier ist Kreativität gefordert. Oft bildet man Kunstworte
aus den Silben relevanter Bezeichnungen. So ist z.B. “SYNCON” entstanden aus
“Synergie” und “Consulting”. Die meisten FG entwickeln auf diese Weise ihre
Marke selbst, andere beauftragen eine Werbeagentur.

Leser: Eignet sich der Vertrieb von
Software-Produkten für das Franchising?

Hubertus Boehm: Jeder
Franchise-Geber (FG) braucht irgendwelche Wettbewerbsvorteile. Nur dann ist er
attraktiv für potenzielle Franchise-Nehmer (FN). Da Software gewöhnlich ein
unvergleichbares Produkt ist, ist hier die Chance wirkungsvoller
Wettbewerbsvorteile groß. Sobald dies durch eindrucksvolle Verkaufserfolge des
Entwicklers (FG) in der Pilotphase bewiesen ist, ist ein Franchise-Vertrieb
durchaus sinnvoll und erfolgsversprechend.

Leser: Wo gibt es eine Auflistung sämtlicher
Franchise-Anbieter in Deutschland?

Hubertus Boehm: Bei
www.franchiseportal. de, Fachverlag U. Kessler, können Sie eine Franchise-CD
kaufen, auf der 4500 europäische Geschäftsideen verzeichnet sind.

Leser: Gibt es zufällig ein Franchisesystem,
das sich mit der Erforschung von Stammbäumen befasst?

Hubertus Boehm: Kenne ich
nicht!

Leser: Einen schönen Guten Morgen. Ich hätte
zwei Fragen: Woran erkenne ich ein erfolgversprechendes Franchise-System? Und
wie begrenze ich das Risiko, wenn ich zu den ersten Partnern eines jungen
Systems gehöre?

Hubertus Boehm: Jedes seriöse
Franchise-System muss zunächst in Pilotbetrieben die Erfolgschancen des
Geschäftskonzepts beweisen. Darüber hinaus muss das für den Geschäftserfolg
erforderliche Know-how in einem Franchise-Handbuch detailliert dokumentiert
sein. Dies sind die wesentlichen Vorausssetzungen für die Aufnahme in den
Deutschen Franchise-Verband (DFV) als Vollmitglied. Die Mitgliedschaft im
Verband ist ein “Gütesiegel”. Eine Liste der Verbandmitglieder erhalten Sie vom
DFV unter info@dfv-franchise.de. Auf der Website des Verbands
www.dfv-franchise.de finden Sie zahlreiche Hinweise auf Indikatoren für
erfolgsversprechendes Franchising.

Leser: Hallo Hr. Dr. Boehm, an welchen
Kriterien kann ich ein erfolgreiches Franchisesystem erkennen und wie habe ich
Zugriff auf entsprechende Kennzahlen?

Hubertus Boehm: Der beste Indikator
ist natürlich eine große Zahl von Franchise-Nehmern (FN), die über längere Zeit
erfolgreich tätig waren. Nach dem Ehrenkodex des Deutschen Franchise-Verbands
(DFV) ist jeder Franchise-Geber (FG) verpflichtet, die bereits aktiven FN
bekannt zu geben. Sie haben so die Möglichkeit, mehrere FN zu befragen.
Problematisch ist dies natürlich bei jungen Franchise-Systemen, die keine oder
erst wenige FN haben. Hier hilft nur eine eingehende Analyse der
betriebswirtschaftlichen Ergebnisse der Pilotbetriebe (Filialen) des FG sowie
Einsicht in das Franchise-Handbuch. Wie bereits in der letzten Frage erwähnt,
ist auch die Mitgliedschaft im DFV ein Indikator.

Leser: Gibt es eine internetbasierte
Adressdatenbank bzw. Kundenverwaltung die Sie für Franchisesysteme empfehlen
können?

Hubertus Boehm: Bitte wenden Sie
sich an construktiv GmbH, Bremen bzw. schauen Sie einmal auf die Website von
www.construktiv.de. Das sind Spezialisten auf diesem Gebiet.

Leser: Entstehen Franchisekonzepte immer aus
erfolgreichen Einzelunternehmen oder gibt es Beispiele, dass sie speziell für
den Franchise-Vertrieb am „Reißbrett“ entwickelt wurden?

Hubertus Boehm: Franchising ist ein
Vertriebskonzept für erfolgreich im Markt eingeführte Geschäftsideen. Zuerst
muss der Franchise-Geber (FG) als Einzelunternehmen die Gewinnchancen prüfen und
beweisen. Erst danach wird das Thema “Multiplizieren durch Franchising” akut.
Daher entstehen Franchise-Systeme gewöhnlich aus erfolgreichen
Einzelunternehmen. In Ausnahmefällen hat man Konzepte auch speziell für
Franchise-Vertrieb entwickelt. Dabei denke ich z.B. an PORTAS mit dem
Renovierungskonzept für Schreiner.

Leser: Guten Tag. Wir planen unser
Unternehmenskonzept, bzw. die daraus entstandenen Lösungen in ein
Franchisesystem umzuwandeln. Meine Frage ist nun, wie man effektiv an die
Interessenten kommt, die Franchisenehmer für Konzepte in diesem Bereich werden
wollen.

Hubertus Boehm: Die Suche nach und
die Auswahl von Franchise-Nehmern (FN) ist die umfangreichste und schwierigste
Aufgabe des Franchise-Gebers (FG). Da er sich im Franchise-Vertrag langfristig
(in der Regel 10 Jahre) unkündbar bindet, ist eine strenge Selektion der Partner
unverzichtbar. Das gilt nicht nur unter fachlichen und finanziellen, sondern
auch unter persönlichen Aspekten. Diese Aufgabe ist nicht oder nur bedingt
delegierbar – sie gehört zu den Kernfunktionen des FG. Voraussetzung einer
Selektion ist natürlich eine ausreichende Zahl von Bewerbern. Sie können mit
Hilfe der klassischen Medien (Anzeigen, Franchise-Messe, Gründer-Messe,
redaktionelle Beiträge in der Fachpresse) und einer eigenen
Rekrutierungs-Website gewonnen werden. (Wenn Sie zu diesen modernen Medien mehr
erfahren wollen, schicken Sie uns bitte ein mail unter boehm@syncon.de.) Als
Spezialisten für die Rekrutierung von Franchise-Nehmern gibt es darüber hinaus
die ursprünglich vom Deutschen Franchise Verband (DFV) initiierte goFranchise!
GmbH, Wuppertal. Auskünfte unter info@goFranchise.de.

Leser: Welche Institution bietet eine
objektive Bewertung von Franchise-Angeboten inkl. Marktchancen?

Hubertus Boehm: Eine solche
Institution gibt es nicht. Wie bereits erwähnt ist nur die Vollmitgliedschaft im
Deutschen Franchise-Verband (DFV) als “Gütesiegel” ein gewisser Indikator.

Leser: Wo erhalte ich kostengünstig
Brancheninformationen , die mir die Einschätzung von Marktchancen eines
Franchisesystems erleichtern ?

Hubertus Boehm: Für jede Branche
gibt es Fachverbände, die allgemeine Informationen über die Entwicklung der
Branche, die Perspektiven und branchentypische Risiken publizieren. Darüber
hinaus können Sie auch von IHKs Daten erhalten.

Leser: Bieten neu gestartete
Master-Franchise-Systeme größere Sicherheit als junge deutsche Systeme wegen der
Auslandspraxis ?

Hubertus Boehm: Auslandserfolge
sind keine Gewähr dafür, dass das Franchise-System auch im Inland erfolgreich
läuft. Dies gilt insbesondere dann, wenn der Ursprung in einem anderen
Kulturkreis liegt. Zahlreiche ausländische Konzepte sind gescheitert, weil sie
nicht ausreichend an die deutschen Marktbedingungen angepasst wurden. Daher
besteht grundsätzlich bei Master-Franchisen ein ähnliches Einführungsrisiko wie
bei jungen deutschen Franchise-Systemen.

Leser: Welche Daten benötige ich zur
Beurteilung der Eignung eines Master-Franchise-Konzeptes für den deutschen Markt
? Wo erhalte ich diese Informationen ?

Hubertus Boehm: Wie bei jedem neuen
Produkt ist hier eine eingehende Marktanalyse erforderlich. Sie bezieht sich auf
das spezielle Konzept und kann daher nur bedingt aus vorhandenem Datenmaterial
abgeleitet werden. Eigene Recherchen durch Interviews mit potenziellen Kunden
sowie Analyse des Erfolgs vergleichbarer Konzepte bzw. potenzieller Wettbewerber
sind unerlässlich. Wenn auf diesem klassischen Weg die Marktchancen geklärt
sind, ist zu prüfen, ob dieses Konzept im “zweiten Markt” (Markt der
Geschäftskonzepte) auch für Franchise-Nehmer attraktiv ist. Ein Indikator
hierfür sind die Gewinnchancen – beim Vertrieb von Produkten die erzielbaren
Spannen.

Leser: Guten Tag, anhand welcher Kriterien
kann ich die Innovationsfreudigkeit eines Franchise-Systems beurteilen?

Hubertus Boehm: Innovationen können
sich auf das Leistungsangebot im Markt und auf die Prozesse innerhalb des
Franchise-Systems beziehen. Die Innovationsrate des Marktangebots ist aus der
Zahl neuer Produkte bzw. der Produkt-Lebensdauer zu erkennen. Innovation in den
Prozessen sind dagegen für Außenstehende nicht erkennbar. Grundsätzlich ist
allerdings anzumerken, dass Innovationen nicht in jedem Fall ein Erfolgsgarant
sind. Außerdem hängt dies stark von der Branche ab. Bei einem Pizzabäcker ist
das Innovationspotenzial geringer als im Software-Vertrieb. Da jede Innovation
von einer großen Zahl selbstständiger Unternehmer (den FN) konsequent umgesetzt
werden muss, kann eine hohe Innovationsrate die Durchsetzung des
Franchise-Konzepts durchaus erschweren. Zahlreiche sehr erfolgreiche
Franchise-Systeme haben eine relativ geringe Innovationsrate, erreichen jedoch
einen hohen Durchsetzungsgrad des Konzepts und hohe Perfektion in den
Prozessen.

Leser: Welcher Katalog bietet die beste
Übersicht des Franchise-Marktes ? Oder bin ich mit Google und anderen
Suchmaschinen besser bedient?

Hubertus Boehm: Die Franchise-CD
von www.franchiseportal.de mit 4500 europäischen Franchise-Systemen.

Leser: Gibt es Franchise-Geber, die einen
nebenberuflichen Einstieg ermöglichen ? Benötige ich dafür die Zustimmung meines
Arbeitgebers?

Hubertus Boehm: Es gibt durchaus
Franchise-Konzepte, die nebenberuflich ausgeführt werden können. Ob Sie eine
Zustimmung Ihres Arbeitgebers benötigen, hängt von Ihrem Arbeitsvertrag
ab.

Leser: Wie finde ich das für mich geeignete
Franchisesystem?

Hubertus Boehm: Zunächst müssen Sie
sich selbst prüfen, um festzustellen, welche Art von Tätigkeit Sie gerne
ausführen möchten und können. Die typischen Tätigkeiten eines Franchise-Nehmers
sind z.B.: verkaufen, beraten, Dienste erbringen, handwerkliche Arbeiten
erledigen, Transporte durchführen, lehren – also grundverschieden. Hinzu kommt
noch das Führen von Peronal, wenn es um größere Betriebseinheiten geht. Auf
Dauer macht man nur das gut, was man gerne tut. Daher ist diese Selbstprüfung
die erste Auswahlstufe. Im nächsten Schritt sichten Sie Franchise-Verzeichnisse
und bewerten die angebotenen Konzepte anhand Ihres Neigungsprofils.

Leser: Können Sie mir Kriterien nennen, die
für die Franchise-Eignung einer Geschäftsidee spricht?

Hubertus Boehm: Aus Sicht eines
Franchise-Gebers bin ich heute darauf in der ersten Frage eingegangen. Aus Sicht
des Franchise-Nehmers können Sie die Franchise-Eignung am besten an einer
größeren Zahl erfolgreicher Franchise-Nehmer erkennen.

Leser: Hallo Herr Dr. Böhm, wir beliefern
Gaststätten usw. mit Getränken auf Sirupbasis aus neuen Schankanlagen( die wir
kostenlos zur Verfügung stellen und monatlich reinigen ) die dem Kunden einiges
an Zeit, Platz und Geld spart. Wir suchen selbständige Partner die möglichst aus
der Getränkebranche sind, die unsere Produkte verkaufen und die Technik betreuen
und reinigen. Es können auch 2 Personen(Verkäufer und Techniker) sein. Wir
würden mit den Kunden direkt abrechnen und die Partner erhalten ihre Vergütung
nach den verkauften Sirupeinheiten. Können wir ein Franchisesystem aufbauen,
wenn die Partner eigentlich nur eine sogenannte Provision erhalten?

Hubertus Boehm: Beim Franchising
der “Reinen Lehre” ist der Franchise-Nehmer (FN) Eigenhändler. Er arbeitet in
eigenem Namen und auf eigene Rechnung – hat die Preishoheit. In der Praxis gibt
es allerdings Varianten des Franchising. Dazu gehört auch die Form, in der der
FN Handelsvertreter des FG ist und eine Provision erhält. Wir bezeichnen dies
als “Quasi-Franchise-Systeme” Wenn Sie darüber mehr erfahren wollen, schicken
Sie uns bitte ein mail.

Leser: Guten Tag ,wie verhält es sich bei
einem Franchisenehmer mit einer Altersnachfolge oder im laufenden Betrieb wenn
der Nachfoger nicht akzeptiert wird oder er gerne die laufende Gebühr reduzieren
möchte,dann sind doch die Jahre des Aufbaus umsonst gewesen und man steht
ziemlich dum da?

Hubertus Boehm: Die meisten
Franchise-Verträge enthalten eine Regelung über den Verkauf des
Geschäftsbetriebs an Dritte bzw. die Übernahme durch Erben. Gewöhnlich ist dort
festgelegt, dass der Betrieb von einem Erben oder Erwerber übernommen werden
kann, wenn dieser die (dokumentierten) fachlichen, finanziellern und
persönlichen Anforderungen des FG erfüllt. Eine Eintrittsgebühr fällt in diesem
Fall nicht mehr an. Die laufende Gebühr ist selbstverständlich in der
vertraglich vereinbarten Höhe zu entrichten. Da die Grundschulung des
ursprünglichen FN mit der Eintrittsgebühr abgegolten war, muss möglicherweise
der Übernehmer für die notwendige Grundschulung aufkommen.

Leser: In welchen Branchen sehen Sie besondere
Chancen für innovative Geschäftsideen?

Hubertus Boehm: Dies gilt
insbesondere für die technischen Branchen mit hoher Innovationsrate: Computer
und Telekommunikation.

Leser: Wie finde ich heraus, ob ich mich
aufgrund meiner Fähigkeiten für die Führung eines Franchisesystems eigne?

Hubertus Boehm: Die Leitung eines
Franchise-Systems ist eine hochkarätige Führungsaufgabe. Der Franchise-Geber
(FG) hat keine Weisungsbefugnis. Er muss sein Konzept allein durch
Überzeugungskraft durchsetzen. Davon abgesehen beinhaltet jede Partnerschaft ein
beträchtliches Konflikt-Potenzial. Die Leitung eines Franchise-Systems bedeutet
daher permanentes Konflikt-Management. Nach einem Zitat von Manfred Maus, dem
Gründer von OBI, ist dies die wichtigste Aufgabe des Franchise-Managers
generell. Aber Konflikt-Management ist nicht “jedermanns Sache”. Wer in seiner
Seele eher ein Gestalter als ein sensibler Anführer ist, sollte sich lieber
einen komplementären Partner suchen, der diese Eigenschaften einbringt.

Leser: Welche strukturellen Voraussetzungen
müssen in der Franchise-Zentrale geschaffen sein, um als Franchisesystem
bestehen zu können?

Hubertus Boehm: Zum Grundprinzip
des Franchising gehört die Arbeitsteilung zwischen Zentrale und Franchise-Nehmer
(FN). Der FN soll so weit wie möglich von Nebenfunktionen entlastet werden,
damit er seine volle Kraft auf die Kernfunktionen konzentrieren kann: verkaufen,
beraten, Dienste erbringen und führen seines Personals. Alle übrigen Funktionen
werden nach dem Fließbandprinzip gebündelt und jeweils von Spezialisten auf
höchstem Kompetenzniveau ausgeführt. Dies muss nicht in der System-Zentrale
geschehen, sondern kann an externe Dienstleister outgesourct werden. Die
Zentrale ist lediglich der Koordinator. Sie wählt die Dienstleister aus,
verhandelt Vorzugskonditionen und prüft die Qualität. Daher kann die Zentrale
eine sehr kleine Einheit sein. In vielen Fällen genügt in der Startphase ein
Franchise-Manager und ein/e Assistent/in.

Leser: Ist im Franchising eher eine Produkt-
oder eine Zielgruppen-Spezialisierung erfolgversprechend?

Hubertus Boehm: Franchise-Systeme
setzen die Idee des Marketing besonders konsequent um. Daher hat die
Zielgruppenorientierung im allgemeinen Vorrang vor der
Produktorientierung.

Leser: Wie finde ich als Franchisegeber meine
ersten Partner? Meine Suche im privaten Umfeld verlief erfolglos und die
Einschaltung eines Dienstleisters übersteigt meine finanziellen
Möglichkeiten.

Hubertus Boehm: Wenn die
Einschaltung eines Dienstleisters oder der Mindestaufwand für wirkungsvolle
Werbung in klassischen und Neuen Medien die finanziellen Möglichkeiten des
Franchise-Gebers (FG) übersteigt, fehlt ohnehin eine entscheidende Voraussetzung
für erfolgsreiches Franchising: die ausreichende Kapitalbasis. Manche FG
glauben, ihre Expansion über Eintrittsgebühren finanzieren zu können. Dies ist
ein Trugschluss. In der Regel übersteigen die Kosten für Rekrutierung,
Grundschulung und Betriebsaufbau die Höhe der im Partner-Markt durchsetzbaren
Eintrittsgebühren.

Leser: Welche Daten sollten zur Weitergabe an
künftige Partner im Pilotbetrieb gesammelt werden?

Hubertus Boehm: Insbesondere die
Daten über Investitionen, Kundenanzahl, Umsatz und Kosten. Das Produkt des
Franchise-Gebers (FG) ist eine “schlüsselfertige Existenz”. Das
Beurteilungskriterium für dieses Produkt sind die Gewinnchancen des
Franchise-Nehmers (FN). Daher müssen die Zahlen erkennen lassen, welchen Gewinn
der FN mit Sicherheit erwarten kann.

Leser: Wie viele Partner kann ein
Partner-Manager effizient betreuen?

Hubertus Boehm: Das ist
branchenabhängig und variiert zwischen 20 und 50. Es sollte sicher gestellt
sein, dass jeder Franchise-Nehmer (FN) mehrmals im Jahr besucht werden kann, um
in einem ausführlichen Gespräch alle Fragen im Zusammenhang mit der Umsetzung
des Geschäftskonzepts zu klären und (soweit erforderlich) gezielte
Schwachstellenanalysen vornehmen zu können.

Leser: Wie kläre ich die Franchise-Eignung
einer Geschäftsidee ab, ohne dass sie von einem Dritten kopiert wird?

Hubertus Boehm: Wenn SYNCON mit der
heute in der ersten Frage erwähnten Franchise-Eignungs-Analyse beauftragt wird,
gelten hinsichtlich der Vertraulichkeit die ethischen Regeln seriöser
Unternehmensberater. Sie stellen sicher, dass die Ideen und Informationen eines
Auftraggebers potenziellen Wettbewerbern nicht bekannt werden.

Leser: Wie identifiziere ich die
Erfolgsfaktoren, die für die Multiplikation eines Geschäftskonzeptes
entscheidend sind?

Hubertus Boehm: Auch hier verweise
ich auf die heute in der ersten Frage behandelte Franchise-Eignungs-Analyse von
SYNCON.

Leser: Welche Aktivitäten sollte ein junges
Franchisesystem am ehesten outsourcen?

Hubertus Boehm: Das hängt natürlich
von der Branche ab. Wenn es ein Handelssystem ist, bieten sich für Outsourcing
insbesondere diejenigen Funktionen an, die mit Disposition, Logistik und
Abrechnung zusammen hängen. Hier gibt es erfahrene Dienstleister, die sehr
effizient arbeiten. Ein weiteres Feld könnte das System-Controlling sein. Die
Erfassung und Aufbereitung von Daten sowie das Erstellen und Analysieren von
Soll-ist-Vergleichen, Periodenvergleichen und Betriebsvergleichen ist eine
mühsame und zeitraubende, aber nicht schwierige Aufgabe. Sie kann und sollte
daher outgesourct werden. Darüber hinaus bietet sich für das Outsourcen die
Anwerbung von potenziellen Franchise-Nehmern an, wie sie von goFranchise!
(www.goFranchise.de) angeboten wird. Die Endauswahl der Bewerber ist natürlich
eine Kernfunktion des Franchise-Gebers.

Leser: Welche Kreativitätstechniken eignen
sich für die Entwicklung oder Weiterentwicklung von Geschäftsideen?

Hubertus Boehm: Es gibt eine
Vielzahl von Techniken. Sie dienen einerseits dazu, möglichst viele Ideen zu
generieren, und sollen andererseits Ideen zielorientiert strukturieren. In der
Praxis stehen bei der Entwicklung von Franchise-Konzepten die einfachen Methoden
im Vordergrund, insbesondere Brainstorming und “Metaplan”. Das Brainstorming
kann auch als schriftliche Variante in Form von Ideenkarten angewandt werden.
Dies ist ein guter Einstieg in die “Metaplan”-Methode, mit der die Karten zu
“Themen-Wolken” gebündelt und anschließend bewertet werden.

Hubertus Boehm: Liebe
Teilnehmer, wir hatten heute ein breites Spektrum an Fragen. Ich hoffe, dass ich
alle Fragen erschöpfend beantworten konnte. Wenn noch etwas offen geblieben ist,
schicken Sie mir ein mail: boehm@syncon.de. Bis zum nächsten Mal Hubertus
Boehm

Dr. Hubertus Boehm
SYNCON Consulting GmbH

Dr. Hubertus Boehm ist seit 1972 auf die Entwicklung von Franchise-Systemen spezialisiert und gehört auf diesem Gebiet zu den Pionieren im deutschsprachigen Raum.

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